Neujahrsbrief 2012

Gute Aussichten für die Zukunft

Ein Leben in zügelloser Eigenenergie – ein Plädoyer für Andersartigkeiten

Wie im Film …, doch halt, nein, die Bilder sind echt! Sie zeigen Boote, Autos, ja ganze Häuserzeilen, die von wild gewordenen und zornig anmutenden Meereswelten meterhoch überschwappt und platt gewalzt werden. Totalitarismus der Naturgewalt. Die cäsiumhaltigen Nachrichten hallen in der industrialisierten Welt konzertant nach: Adé schöner sauberer Strom! Wenn es noch so gefährlich ist, warum nicht gleich aussteigen? – Ende Jahr ist Fukushima bereits Irrläufer in der Geschichte. Schreckensbilder bleiben in unseren Köpfen wie ein paar Urintropfen an einer Pissmuschel zurück – bald trocknen sie ein. Kaltabschaltung. Im Demenzladen kaufe ich 1 Pfund Vergesslichkeit und konsumiere sie im Stehverzehr. Der Ladenhüter hält mich für eine Unterschichtenfernseherin und serviert Tinnef auf einer Tellersense: das nervt. Ich begegne ihm mit Erwachsenenernst und kaschiere meinen Ärger, weil er ihn nur als Damenclubzorn versteht. Als Krankenkassenkundin (KKK) mutiere ich in einer klebsiellenschwangeren UnHeilungsanstalt sofort zur Fallpauschale: ich bin nicht mehr unteilbar durch Individualität, sondern werde zum Fragment, Stückwerk, Anonyma und als strichcodiertes Wesen in eine Kartei dokumentiert für die medizinischen Bauherrenberater. An der Pforte lege ich mich ab und gebe mein Gestell wie einen alten Chevi zum Service. Wer kümmert sich um meine Karmaschlacken? «Das tun Sie bitte selber», droht die Oberschwester mit militanter Geste und hat Recht. Wer denn, wenn nicht ich selber? Unser Alltag ist bewegt und schnell, drum lautet mein Serviervorschlag: Drück mal die Haltewunschtaste, steig für eine Weile aus! Sie durchs Fernrohr und guck in die Landschaft, wo die Stadtplaner rumrantern und ein nettes Demenzdorf errichten. Freu dich, dort wirst du mal wohnen, einen Donald Duck oder Micky Mouse Teller serviert bekommen: halbe Portion = halber Preis = halber Wert – eine logische Gleichung, die verstehst du doch! Der Prinz und die Zur-Prinzessin-Gemachte ehelichten sich vor einer 2-Milliarden reichen Zeugenschaft. Wer Augen hat, der sehe! Ob dieser Glanz und Glorie fällt einen der Kofferdamm aus dem Mund. guttenbergen (neudt. Verb): diletantisch abkupfern, auffliegen, peinlich abstreiten, sich USA-pausiert sowie PR-strategisch geschickt abermals erfinden und mit erhöhtem Puls ins Europaparlament schlawinern. Gotteshäuser schreiben rote Zahlen. Wen wundert’s? Man spricht dort solipsistisch in bröselnden Brotzungen und häckselt Gott, wie wenn sie für dich und mich unfassbar wären. Dabei ist uns viel zu zumuten. Als zertifizierte Fahrspurhalterassistentin kehre ich den leptosomen Betreibern und ihrer Kungelei den Rücken. Ablösungsprozesse sind komplexer als der Austausch erlahmter Bauteile in einem maroden Betriebsgehäuse. Nun fahre ich mit Hochkammerfelgen durch die Gesellschaftswüste. Klimafolgenforscher stehen mir mit vollen Lungen bei. Der europäische Kaufkraftausgleich gerät aus dem Rammkolbenlot. Die globalen Börsenkurse sind fungibel. Der Pilz der Entwertung wächst auch in helvetischen Geldverbesserungsanstalten. Dort folgen auf grüblerischen Denkstoff schöne T’Eremotti … Globalisierung trifft uns alle! 3. Welt-Einwanderer strömen in Heerscharen zu uns und greifen sportlich spontan in unsere Tasche, deren politisch korrekte Zwischenwände das Innenleben organisieren. Wir geben uns sozial, spenden gerne in die Ferne, kennen unsere Nachbarn nicht, weniger noch Sidi Abdel Azis. Wer ist denn das? Ein Fürchtling aus dem Arabischen Frühling. Achtung, Frau Sommaruga, auch Ihr Portemonnaie ist nicht trickdiebstahlsicher! Stoffwechselkorrektur im Maghreb: der Berber verwechselte sein Zelt mit einer Betonröhre und fand den Tod! Mein Leben frisst im Modus der Kaltstartanreicherung viele Kalorien. Leere Hoffnung in vollen Tagen mit einem Frettchen um den Hals: so sieht der feierliche Endjahresausschuss aus. Ich versuche mich also in der Kunst, die Fröhlichkeit zu bewahren. Ich weiss, nicht alle Menschen sind von Natur aus dazu bestimmt, sich nützlich zu erweisen. Doch es gibt Ausnahmen. Und sei es nur 1x jährlich mit ein paar Zeilen Glückspost aufzuwarten! Mit Worten und mit Taten, alten und neuen, mit Schritten und mit Karten, grossen und kleinen, geht’s brevetiert auf, das Leben an die Zügel genommen! Was das Zeug zusammen hält, ist das Kontakteisen, das in der Schmiede glühend heiss in Form geschlagen wird. Mit meinem alten Ego Dubai Duden und den 40 Räubern im Bauch schmauche ich bei Rutli in Baonon eine aromatische Schischa. Das ist eine prima Abwechslung in einer zerfransten Zeit, die nur noch saisonaler Irrsinn ist: natale Schokolade bereits im Oktober. Früher war mehr Lametta, heute ist mehr Klamauk! In krimikalten Tagen stehe ich mit einem Zumbatonic am Elferaus, stosse mit sonorem Luftschutzsirenengeheul auf Euch und rufe mit Exlusivwunschgarantie: Das kommende Jahr wird bestimmt grosssartig!


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